Sammlergenerationen alt, neu......und ganz neu

  • Hallo ihr Lieben,


    ich hab lange nichts mehr geschrieben hier und mich heute nach langer Zeit mal wieder eingeloggt, um ein wenig rumzustöbern.


    Wollte mal ein Thema aufgreifen, dass hier immer wieder mal zwischen den Zeilen kontrovers diskutiert wird. Den Ansatz dafür lieferte das wirklich tolle Interview-Video mit Boris, dass hier im Forum verlinkt ist. Das hat mich wirklich beeindruckt, wie dort mit ganz simplen Sätzen eine Sache auf den Punkt gebracht wurde.


    In dem Video spricht er von drei Generationen von Ü-Ei-Sammlern.


    1. Generation - die Sammler ab den frühen 90ern, die es heute weitestgehend nicht mehr gibt.


    2. Generation - die Sammler der großen Forenzeit und Forschungszeit, die das Sammelgebiet haben boomen lassen und mit den Informationen versorgt haben, von denen wir heute alle profitieren.


    Und die 3. Generation - Die Sammler ab etwa 2010 - die all das davor nicht mitbekommen haben, oder nur vom Hörensagen kennen. Das ist eine sehr treffende Klassifizierung, die absolut den realen Gegebenheiten entspricht.


    Ich bin bereits vor gut 10 Jahren weg aus den Foren und hinein nach Facebook gegangen. Dort also, wo sich wohl 90% dieser 3. Generation herumtreiben und hatte demnach lange Zeit sie kennenzulernen. Dort gibt es einige junge Sammler, die wir früher als Forenbetreiber heiß umworben hätten. Initiativ, wissbegierig und aufgeschlossen. Aber es ist eine völlig andere Gruppe von Sammlern, die sich dort tummelt.


    Persönlich finde ich, dass es super wichtig ist, dass ein Teil der 2. Generation von Sammlern (und da sind einige auf FB unterwegs, die man von früher aus den Foren noch kennt) diese 3. Generation in den sozialen Medien begleitet, da sonst eine totale Abspaltung in dem Sammelgebiet unausweichlich wäre. So eine Brücke von "alt" nach "neu" sollte es aber m. E. nach schon geben. Sonst war ja die ganze Arbeit umsonst. ?(


    Es gibt dort einige Ü-Ei Gruppen. Die Wenigsten, dass muss man so sagen, beschäftigen sich mit intensiv mit dem Thema. In der Regel sind es Tausch- und Verkaufsgruppen, wo Figuren und Sammlungen hin- und her geschoben werden. Der Verkauf überwiegt hier die Tauschgesuche bei weitem.


    Ich selbst betreibe drei Gruppen dort. Eine Verkaufsgruppe, einen Ü-Ei-Blog und eine Fälschungsgruppe. Dazu jetzt wieder eine Website mit Berichten und Anekdoten aus der Zeit vor der 3. Generation, die ich immer wieder mal in die Gruppen verlinke, wenn ich was Neues...altes geschrieben habe.


    Die Verkaufsgruppe hat mit Abstand die meisten Mitglieder. Das zeigt, wohin sich das Sammelgebiet orientiert hat. Die beiden anderen, reinen Informations- und Fragestell-Gruppen haben nur etwa ein Viertel der Mitglieder. Die 3. Generation ist eben eine von eBay geprägte Sammlergeneration. So kommt es mir zumindest vor. Man kauft und verkauft online. Das nötige Fachwissen muss man nicht mehr haben, sondern nur wissen, wo man fragen muss.


    Das Problem dort einen Beitrag zu setzen, der auch nach Monaten noch zu finden ist, ist markant und kann nur gelöst werden, wenn man ein Modell aus mehreren Gruppen und einer beständigen Website fährt. Macht man das nicht, dann ist ein Beitrag und sei er noch so interessant, in wenigen Tagen unter den Verkaufsangeboten verschwunden.


    Was mir auch heute noch immer wieder auffällt ist, dass vieles an Aufklärung was vor Facebook überall zu finden war, heute nicht mehr da ist, bzw. so versteckt, dass man es nicht mehr findet. Die neue Generation kauft auch kaum Kataloge. Es ist vielmehr so, dass man in die Gruppen reingeht, ein Bild postet und einfach fragt, was das jetzt wert ist und haha... jemand anderes blättert dann im Katalog oder verlinkt ebay. Und ja, die 3. Generation zahlt auch wieder mehr Lehrgeld in Sachen Fälschungen als vor Facebook. Einfach, weil in deren Welt keine TopInfoReplika Seite existiert und wenn man keinen Katalog kauft....dann weiß man halt auch nicht genug darüber.


    Der Katalog als Preisfindungshilfe wird kaum genutzt. Was schade ist. Auch wenn die Preise inzwischen noch weiter weg vom Realwert einer Figur sind, sind es doch vor allem die vielen zusammengetragenen Informationen darin, die ihn heute zu weit mehr als einem Preisbuch machen. Mein Eindruck ist, dass viele der neuen Sammler gar nicht die Absicht haben so tief in das Thema Ü-Ei einzusteigen. Es ist etwas oberflächlicher, weniger ins Detail gehend, als das früher in den Foren war.


    Naja...das meine Gedanken dazu. Würde gerne wissen, wer sie teilt, oder doch eine ganz andere Sicht hat.


    Ich freue mich jedenfalls, dass etliche der "2. Generation" ebenfalls sehr stark auf Facebook aktiv sind und das Ganze mit ihrem Wissen und qualitativen Inhalten bereichern. Aber...mit der Forenwelt, wie wir sie mal hatten, hat das dort nichts zu tun und ich weiß auch nicht, ob es einen großen Effekt hätte, wenn man Ü-Ei-Foren jetzt auf Facebook bewerben würde. Von der ein oder anderen großen Ü-Ei-Seite gab es und gibt es auch Facebookgruppen. Doch das kann man nicht annähernd vergleichen. Ich denke, diese neue Sammlergeneration würde hier ganz schnell mit einigen Oldschoolern... bitte entschuldigt den Begriff (ich zähle mich auch als Oldschooler) - ganz schnell aneinander geraten.


    Ich bin jedenfalls froh, dass es den Stammtisch noch gibt. :schmatz

  • Hallöle,


    du hast das alles sehr treffend formuliert. Ich bin ja auch mehr 1.Kategorie, bin aber auch auf allen möglichen Plattformen unterwegs. Aber wie du schon sagst, nur facebook oder ebay...... wäre mir zu wenig. Da lobe ich mir oft unser "oldschool" Forum! da kennt man sich eben noch teilweise persönlich, das ist heutzutage viel wert!:angel:


    Grüßle

    Kirsten

  • Hallo Michael,


    zunächst freue ich mich sehr, dass Du Dich hier mit so einem langen und interessanten Beitrag meldest.

    Willkommen daheim. ;-)


    Dein Lob freut mich auch sehr, weil es von Dir kommt und damit für mich eine hohe Wertigkeit hat. Für mich war dieses Interview ja völliges Neuland

    und ich war nicht so sicher, ob das gut geht.


    Das was Du jetzt geschrieben hast, sehe ich sehr ähnlich, obwohl mir der Einblick in die Facebook-Szene weitgehend fehlt. Es ist einfach nicht meine Plattform, weil ich sie als ziemlich oberflächlich und kurzlebig erlebt habe. Das ist irgendwie nicht so mein Ding dort.

    Aber ich kenne den einen oder anderen Sammler aus dieser Szene persönlich und erlebe sie im persönlichen Austausch und in der realen Begegnung durchaus als sehr engagiert und nett. Also in der realen Welt kann ich mit diesen Sammlern sehr gut auskommen. Ich bin immer wieder überrascht wie unkompliziert sie an manche Themen rangehen und wie zielstrebig und findig sie dann doch sein können, um an die gesuchten Sammelstücke ranzukommen.
    Da kann man sich durchaus etwas abschauen. Zuweilen habe ich auch den Eindruck, dass unter diesen "jungen" Sammlern etliche Wertanlage-Sammler sind, die ziemlich gezielt unter spekulativen Gesichtspunkten Einkaufen und Verkaufen. Diese Szene scheint mir an sich doch recht lebendig zu sein.


    In anderen Sammelgebieten (also andere Sachen als dem Ü-Ei) scheint es mir auch völlig identische Entwicklungen zu geben. Auch dort läuft viel über

    Facebook und die traditionellen Foren (wenn es sie noch gibt) sind fast nur noch von der älteren Sammlern besucht.


    Nur auf Ebay scheinen mir alle doch mehr oder weniger gemeinsam vertreten zu sein.

    Und da sehe ich einen Unterschied, was den Informationsstand angeht. Dort zahlen die jüngeren Sammler zum Teil wieder heftig Lehrgeld, weil

    sie ungenügend informiert sind. Das sehe ich nicht einmal so sehr im Ü-Ei-Bereich, aber durchaus in in anderen Sammelgebieten dort.


    Man selber kennt die Fälschungsanbieter und ihre Verkaufsnamen dort seit Jahrzehnten ... und ignoriert sie einfach. Aber die verdienen dort heute

    besser als vor 10 oder 15 Jahren. Früher haben sie ihre Fälschungen noch mit unscharfen Fotos verkauft, damit man nicht gleich alles erkannt hat. Heute

    fotografieren sie super scharf jedes Detail, so dass man mit einem Fachbuch sofort die Fälschung erkennt. Aber viele junge Sammler verzichten

    auf die (teure) Fachliteratur und glauben scheinbar, das jeder, der scharfe Bilder macht, als Händler angemeldet ist oder das Wort "Original" benutzt, nichts zu verbergen hat.

    Diese Naivität finde ich absolut erstaunlich, weil die Existenz von Fälschungen in den meisten Sammelgebieten ja doch bekannt sein dürfte.

    Also da finde ich, dass die Facebook-Generation wirklich Nachholbedarf hat. Ich habe manchmal den Eindruck, dass sie nicht recht wissen, wo sie

    nach geeignete Informationen suchen können oder das es ihnen einfach zu mühsam ist. Am (teuren) Fachbuch kann es eigentlich nicht liegen, weil sie das Geld durchaus an anderer Stelle großzügig raushauen.

    Es fehlt eher das Bewusstein dafür, dass man sich zum leichten Opfer macht, wenn man schlecht oder einseitig informiert durchs Sammlerleben geht.

    Es sei denn, dass man Dinge sammelt, die sonst keiner sammelt.


    Viele Grüße von

    Boris

  • Ui....Ihr seid aber nett


    Boris....ja. Das trifft es ganz gut. Die neue Sammlergeneration enthält mehr Sammler, die auf Wertsteigerung hin sammeln. Das merken wir Gruppenadmins immer dann, wenn jemand eine vererbte Sammlung anbietet und einfach mal in einer Gruppe fragt, was das wert sein könnte.


    Statt einer Auskunft steht dann meist mehrfach drunter „hast PN“.


    In der Regel bedeutet dass, dass jemand versucht, die Sammlung günstig abzuschwatzen und ist das erste Indiz, dass etwas Gescheites dabei ist. Eigentlich alle Admins dort schreiben die Person dann an und sagen ihr, sie solle abwarten, was die Leute so an Einschätzungen darunter schreiben, bevor sie ihre Sammlung per PN verramschen.


    Was aber eigentlich immer funktioniert ist die Warnung vor Fälschungen. Es kommt immer wieder vor, dass eine alte Sammlung Fälschungen enthält und der Anbieter nichts davon weiß. Dieser Albtraum, den viele von uns Fälschungsgegnern hatten, ist längst eingetreten. In gutem Glauben gekauft und heute...20 Jahre später überrascht, dass es nicht echt sein soll. In Jeder Gruppe dort sind Mods und Admins mit einigem Wissen zum Thema Fälschungen. Hier gehen wir her und schreiben sofort in die Kommentare, dass man doch bitte bessere Bilder machen soll, oder der Verdacht besteht, dass Fälschungen dabei sein könnten. Dann wird ausgesiebt, oder der Beitrag auch mal gelöscht, wenn es zu viele sind.


    Einen Punkt möchte ich hier kurz näher beleuchten. Dafür zitiere ich Dich kurz.


    „Zuweilen habe ich auch den Eindruck, dass unter diesen "jungen" Sammlern etliche Wertanlage-Sammler sind, die ziemlich gezielt unter spekulativen Gesichtspunkten Einkaufen und Verkaufen. „


    Ja...das sehe ich genauso und ich finde dieses Thema unglaublich spannend. Ich mache das bereits in einem anderen Sammelgebiet (Whisky – Wo sonst kriegt man über 40% für sein Geld) und habe das neulich in einem langen....laaangen Beitrag auf das Ü-Ei gespiegelt. Den Beitrag hab ich erst diese Woche auf sammelland veröffentlicht und bin darin der Frage nachgegangen, ob es heute noch möglich wäre mit dem Ü-Ei z.B. die Rente aufzubessern. Ich habe rumgeforscht zu Themen wie Warengeld, Inflation und wie man das gewonnene Geld dann vor Wertverlust schützt und bin am Ende doch tatsächlich zu dem Ergebnis gekommen, dass es wahrscheinlich auch heute noch mit Ü-Ei funktionieren könnte. Der Bericht ist ein halbes Buch geworden, aber kurzweilig und fast schon eine Anleitung, wie es klappen könnte.


    Zusammengefasst, ist der Handel auf Facebook ist tatsächlich sehr einfach gestaltet und ein wenig an das Tauschen und Verkaufen hier im Forum angelehnt. Man hat was, setzt es mit einer Preisvorstellung in eine Gruppe und wenn sich jemand dafür interessiert, schreibt man eine PN oder bekundet sein Interesse in den Kommentaren. Danach wird im Messenger abgesprochen, wie es weiter geht. Bezahlt wird mit Paypal und wenn es gut läuft hat man in wenigen Minuten die gewünschte Figur gekauft.


    Der Vorteil gegenüber z.B. ebay ist der, dass die Leute dort nicht hinter Nicknamen versteckt sind. Man weiß immer, mit wem man es zu tun hat. Die Ehrlichkeitsrate – wenn es den Begriff überhaupt gibt – ist dort wesentlich höher, weil der eigene Ruf beim Verkauf direkt mit dem Namen und dem Facebookprofil verbunden ist. Ich lasse auch niemanden in meine Verkaufsgruppe, der sich mit Fantasienamen bei Facebook registriert hat. Es sei denn, ich kenne sie/ihn schon.


    Zudem ist es auch ein wenig internationaler. Man kommt viel in Kontakt mit der ganzen Welt und mein Englisch ist viel besser geworden. :thumbup: